Spitzenkoch Norbert Niederkofler im InterviewDer Südtiroler Ausnahme-Koch beweist eindrucksvoll: Alpine Küche kann 3-Sterne!

Nobert Niederkofler, der Südtiroler Spitzenkoch und Begründer der "Cook the Mountain" Philosophie, spricht im Interview über seine Idee der Alpinen Küche, Aspekte, die seine Art des Kochens beeinflussen und sein neues Projekt "Atelier Moessmer Norbert Niederkofler" in Bruneck.

Herr Niederkofler, Sie gelten seit vielen Jahren als einer der bekanntesten Spitzenköche im Alpenraum. Im Rückblick: Wie hat sich die Kulinarik, die Herangehensweise von Köchen und Gästen in den vergangenen Jahrzehnten zum Thema Regionalität, Saisonalität und Qualität verändert?

Norbert Niederkofler: Ich glaube mit Cook the Mountain haben wir die Alpine Küche salonfähig gemacht und natürlich mit dem 3. Stern  2017 und dem grünen Stern 2020 haben wir auch der nächsten Generation von Köchen gezeigt, dass man mit regionaler Alpiner Küche auf 3-Sterne-Niveau kochen kann. Die große Arbeit hier liegt in der Kontinuität und vor allem in der Zusammenarbeit mit den Produzenten. Es gilt diese auch in die Prozesse einzubauen – sei es in Produktion,  Planung – und vor allem Storytelling – somit, dass jedes Produkt ein Gesicht hat und vor allem eine Geschichte.

Für mich war der Weg klar – leider nicht für viele Gäste, Journalisten und Restaurantführer, die die ganze Sache sehr skeptisch und mit viel Vorbehalt sahen.
Norbert Niederkofler

„Cook the Mountain”: Was bedeutet Ihnen dieser Begriff – und für was soll er stehen?

Norbert Niederkofler: Mit 'Cook the Mountain' haben wir ein sehr strenges Regelwerk aufgestellt und 2008 niedergeschrieben. Arbeitsweisen (keine Gewächshäuser, keine Zitrusfrüchte, kein Olivenöl) – somit strenge Saisonalität, respektvoller Umgang mit Produkten (no waste) und vor allem Biodiversität in Sachen Gemüse, Pilze, Wurzeln, Kräuter und Beeren. Auf diesen klaren abgesteckten Regeln konnte und kann sich auch heute noch ein junges Team austoben. Integration von anderen Kulturen ist sehr wichtig – die Umsetzung muss aber mit unseren Produkten passieren. 

Gab es einen speziellen Moment in Ihrer Laufbahn, wo sich dieser Begriff „Cook the Mountain“, diese Philosophie manifestiert hat bzw. an dem Sie wussten, das ist Ihr eigener Weg?  

Norbert Niederkofler: Für mich war der Weg klar – leider nicht für viele Gäste, Journalisten und Restaurantführer, die die ganze Sache sehr skeptisch und mit viel Vorbehalt sahen. Wie schon oben beschrieben: Ohne einem eingeschweißten Team, das davon überzeugt ist, dass dieser Weg für die nächsten Generationen der einzige und richtige ist, würde und wäre so ein drastischer Wechsel nie möglich gewesen.  Dies war dann schlussendlich auch der Grund, warum wir mit 3 Sternen ausgezeichnet wurden. Wir waren nicht mehr vergleichbar.

Wie hat sich Ihre Philosophie „Cook the Mountain“ in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und welche Aspekte haben Sie beeinflusst?

Norbert Niederkofler: Wir sind noch viel selektiver und konsequenter geworden und jetzt mit dem Atelier Moessmer Norbert Niederkofler  in Bruneck können wir neue Wege gehen. In der Ausbildung der Köche und in der Umsetzung von unserem Konzept auf das ganze Jahr  mit allen vier Saisonen der Natur.  Wir haben noch mehr Produzenten, die vor allem jeden Tag liefern können und somit sind vor allem die frischen Produkte wie Kräuter, Gemüse oder Pilze noch frischer und noch viel geschmacksintensiver als vorher.

 

Sie sind zum ersten Mal bei den Festspielen der Alpinen Küche zu Gast und werden bei Ihrem Auftritt ein Siganture Gericht zubereiten. Was erwarten Sie sich von dieser Veranstaltung im SalzburgerLand und was wollen Sie bei Ihrem Auftritt vermitteln?

Norbert Niederkofler: Ich freue mich darauf. Das Tartar von der Renke war das erste Gerichte das die Philosophie von 'Cook the Mountain' (CTM) 100% verkörperte. Mit dem Fisch auf dem Tisch haben wir überlegt, was man mit jedem Teil machen kann. Also wie früher, als man es sich nicht leisten konnte, Dinge wegzuschmeißen. Früher hat man es Respekt genannt – heute Nachhaltigkeit. Was erwarte ich mir – viele Freunde zu treffen und ich freu mich auf die Dinge, die die Gastronomie am besten kann: Menschen zu verbinden.

Wissen vermitteln und Know-how weitergeben: Wie wichtig ist es für Sie, Ihre Erfahrungen und Ihr Wissen rund um Küche, Kulinarik, Region und Tradition an junge Generationen weiterzugeben?

Norbert Niederkofler: Wir hatten heuer einen Abend in AlpiNN für Care’s mit den Besten Sous Chefs, die in den letzten 29 Jahren von mir ausgebildet wurden. Es war eine Liste von ca. 40 Köchinnen und Köchen sowie Patissiers, die von uns ausgebildet wurden. Davon waren 26 an dem Abend mit einem Gericht beteiligt. Einer der schönsten und auch emotionalsten Events für mich das ich je erlebt habe. Ausbildung und jungen Talenten eine Chance zu geben, steht seit eh und je bei meiner Liste als erste Wichtigkeit. Weiters haben wir vor zwei Jahren mit der Universität Bozen einen Bachelor-Studiengang ausgearbeitet ‚Gastronomie und Önologie in Bergregionen‘. Hier werden über drei Jahre Studenten aus aller Welt mit den Prinzipien von Cook the Mountain ausgebildet.

Die Produkte kommen jeden Tag frisch und somit ist das Geschmackserlebnis noch größer und wir finden die Zeit auf einen Ratscher mit unseren Lieferanten.
Norbert Niederkofler

Sie haben im Juli 2023 mit dem Atelier Moessmer Norbert Niederkofler ein neues Projekt gestartet in Bruneck gestartet. Was war die Idee dahinter, neue Wege zu beschreiten? 

Norbert Niederkofler: Unser Atelier in Bruneck ist nicht mehr ein reines Restaurant, sondern ein Ort wo man heimkommt. Dies fängt mit der Glocke in der alten Villa, an die man Leuten muss, um in das Haus von CTM zu kommen. Wir möchten unseren Gäste Zeit schenken – von eigenen Aperitif-Räumen, in denen man ankommt, bis in das Esszimmer mit einer Alten Kassettendecken und 4,5 Meter Höhe bis in die Küche in einem Glashaus mit einem Tisch, an dem man essen kann mit dem jungen Team von Küchen und Service sich unterhalten kann. Wir haben versucht eine Familie zu erschaffen – Service geht in die Küche und Küche in den Service – so wie es ‚Dahoam‘ ist.

Was erwartet die Gäste bei einem Besuch im neuen Atelier Moessmer Norbert Niederkofler?

Norbert Niederkofler: Wie gesagt es ist ein Heimkommen mit einem jungen Team, das konzentriert die Arbeit mit einem Lächeln absolviert. Von der Kulinarik tut sich auch einiges neues da wir nun endlich vier Jahreszeiten haben und vor allem den Großteil unserer Produzenten von unserem Haus. Die Produkte kommen jeden Tag frisch und somit ist das Geschmackserlebnis noch größer und wir finden die Zeit auf einen Ratscher mit unseren Lieferanten. Es gibt jede Jahreszeit einen großen Menüwechsel mit den verschiedenen Farben.

Herr Niederkofler, vielen Dank für das Interview – wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen am 2. Oktober 2023 bei den Festspielen der Alpinen Küche 2023!

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